T15   Die Transformation der Temperatur

 
Der Entscheid, ob wir die Entropie oder die Temperatur invariant lassen, hängt davon ab, wie wir die Temperatur verstehen wollen. Man kann auch sagen, dass wir mit diesem Entscheid die Definition der Temperatur vertiefen. Die beiden Möglichkeiten sind die folgenden:
mmm

oder

Die Energie eines Ensembles ist jvon der Relativgeschwindigkeit des Beobachters abhängig, und in fast allen der vorgeschlagenen Ansätze sind Wärmemengen folglich nicht invariant. Neigen wir zur ersten Annahme, werden wir entsprechend die Temperatur durch Multiplikation mit dem Wurzelterm transformieren und die Entropie invariant lassen. Eine andere Wahl haben wir nicht. All diejenigen, welche Wärmemengen und Temperaturen durch den Wurzelterm dividieren, sind definitiv auf dem Holzweg. Wir werden im zweiten Teil dieser Arbeit zeigen, wo sie in ihren Überlegungen den entscheidenden Fehler machen. Mit diesem ersten Ansatz werden Tripelpunktstemperaturen und Schmelzpunkte von der Relativbewegung abhängig, derweil die Tatsache selber, dass zwei oder drei Phasen koëxistieren, natürlich nicht von der Geschwindigkeit des Beobachters abhängig ist.

Der zweite Ansatz verbindet Temperaturen mit bestimmten Gleichgewichtszuständen, die unabhängig von der Relativgeschwindigkeit eines Beobachters vorliegen oder nicht. Wenn (bei Normdruck) Aluminiumstücke über Minuten in einer Aluminiumschmelze herumschwimmen, dann hat die Suppe eine Temperatur von 933.473 K . So erhält die Temperatur eine Aussagekraft, die im relativistischen Sinne absolut ist. Sprungtemperaturen von Supraleiter etc. behalten ihren Wert, ganz unabhängig vom Bezugssystem, weil der Temperaturbegriff unmittelbar angekoppelt ist an die innere Struktur der Materialien. Und tatsächlich wird die Temperatur ursprünglich ja so definiert, und mit sogenannten Fixpunktzellen werden genau vermessene Referenztemperaturen auf diese Art und Weise in der ganzen Welt verteilt (siehe Abschnitt 7).

Der erste Ansatz ist meines Erachtens nicht haltbar, da beispielsweise beim Schmelzen eines Metallbarrens beträchtliche Mengen von Energie zugeführt werden ohne dass sich die Temperatur des Materials auch nur ein bisschen ändert. Energieinhalt und Temperatur lassen sich nicht direkt koppeln !

Der zweite Ansatz erhebt die Temperatur zu einer fundamentalen Grösse der Physik. Wir wollen diesen zweiten Standpunkt den folgenden Abschnitten zugrunde legen. Wir entscheiden uns also für

T' nT

Die Temperatur ist eine im Sinne der SRT invariante Grösse !

Avramov meint in [10] dass astronomische Beobachtungen in jedem Fall gegen eine Zunahme und auch gegen eine Abnahme der Temperatur mit zunehmender Relativgeschwindigkeit sprächen: Seiner Ansicht nach müssten uns weit entfernte Galaxien entweder sehr heiss erscheinen, oder sie sollten wegen ihrer tiefen Temperatur gar nicht mehr beobachtbar sein. Das Argument leidet aber daran, dass die kosmische Rotverschiebung nicht die Folge einer Relativbewegung ist. Genauere quantitative Aussagen wären vielleicht bei sogenannten 'Jets' möglich, das sind Gas- oder Plasmawolken, welche von ganz jungen Sternen mit hoch relativistischen Geschwindigkeiten senkrecht zur Akkretionsscheibe ausgestossen werden.