I7     GPS, LRS und Relativitätstheorie


Die Atomuhren wurden nach ihrer Einführung in den 50er Jahren schnell genauer und kleiner. So ist es 2003 gelungen, eine Rubidium-Atomuhr zu bauen, die noch ein Volumen von 40 cm3 einnimmt und eine Leistung von 1 Watt verbraucht, und dies bei einer Ganggenauigkeit von 3·10-12 ! Pierre Thomann vom Observatorium Neuenburg und Gregor Dudle vom Bundesamt für Metrologie und Akkreditierung in Bern konnten ebenfalls 2003 die Genauigkeit der Standard-Cäsium-Uhren durch eine spezielle Kühltechnik um einen weiteren Faktor 40 auf 1·10-15 steigern.

Ab 1958 begann das US-Militär, diese Uhren, die Fortschritte in der Elektronik und die Satellitentechnik zu einem weltweit funktionierenden Positionserkennungssystem (GPS) zu kombinieren. Das erste funktionierende System TRANSIT wurde ab 1964 eingesetzt und hatte vor allem die Funktion, Raketen von U-Booten zu ihrem Ziel zu führen. Viel bekannter wurde das System NAVSTAR, welches am 17. Juli 1995 offiziell in Betrieb genommen wurde und auch zivil genutzt werden kann. 24 Satelliten kreisen auf gut bekannten Bahnen zweimal pro Tag um die Erde und senden dabei laufend Zeitsignale aus. Kleine und billige Empfänger können aus den winzigen Laufzeit-Differenzen der Signale von mindestens 4 solcher Satelliten die eigene Position (und die Zeit ... vier Messwerte bestimmen die vier Unbekannten) auf wenige Meter genau bestimmen. Wir erinnern uns: 1 Nanosekunde entspricht einem Weg von 30 Zentimetern. Hätte der Empfänger selber eine hochgenaue und perfekt synchronisierte Uhr, so würden zwei oder drei Satelliten reichen für eine Ortsbestimmung mit einer Genauigkeit von wenigen Zentimetern. Die Unschärfe würde dann vor allem von der nicht genau bekannten Flugbahn der Satelliten stammen.

An diesem Punkt arbeitet eine kleine Gruppe der Universität Bern an vorderster Front mit: In Zimmerwald werden Laserpulse zu den eigens für diesen Zweck angebrachten Reflektoren an den Satelliten geschickt. Aus der Laufzeit der wenigen Photonen, die vom reflektierten Signal eingefangen werden können, wird dann die Bahn des Satelliten zentimetergenau bestimmt. Diese genauen Bahndaten erlauben es in den folgenden Tagen, die Signale der GPS-Satelliten mit spezieller Software der Universität Bern so auszuwerten, dass die erreichte Genauigkeit für Vermessungszwecke ausreicht. Auf diese Weise kann man heute die Faltung der Alpen, die Drift der Kontinente oder die Gezeiten des Festlandes direkt messen ! LRS (Laser Ranging Systems) gibt es auch in Deutschland, und zwar in Potsdam und im Bayrischen Wettzell. Diese Bodenstationen arbeiten alle weltweit zusammen (http://ilrs.gsfc.nasa.gov/ ).

Die ehemalige Sowietunion hat ebenfalls ein militärisch kontrolliertes Satelliten-Navigationssystem gebaut (GLONASS). Die Europäische Raumfahrtorgansation ESA ist dabei, ein eigenes, zivil kontrolliertes System aufzubauen (GALILEO). Die ersten Satelliten sind bereits im All (der Start durfte vor allem deshalb nicht weiter verschoben werden, da die ESA sonst die reservierten Frequenzbereiche verloren hätte ...). Nebst den Mitgliederstaaten der ESA beteiligen sich auch die VR China, Indien, Kanada und Israel an diesem Projekt. Die Uhren für die Galileo-Satelliten sind übrigens im oben erwähnten Neuenburger Institut entwickelt worden.

Alle diese satellitengestützten Navigationssysteme würden ohne die Berücksichtigung von SRT und ART nie funktionieren. Dabei sind sowohl die Korrekturen der SRT als auch diejenigen der ART keineswegs konstant über einen ganzen Erdumlauf, da ja die Bahnen der Satelliten immer leicht elliptisch sind. Damit schwanken sowohl die Flughöhe als auch die Relativgeschwindigkeit so stark, dass das für präzise Positionsbestimmungen (auf wenige Millimeter genau) berücksichtigt werden muss. Die Einflüsse sind genau diejenigen, die wir schon in I5 und I6 besprochen haben.
Da diese Global Positioning Systems alle schon in die www-Zeit fallen, finden Sie dazu eine Fülle an Beschreibungen und Illustrationen im Netz. Auch das unerlässliche ‘Gegenstück’, die LRS, sind im Netz gut dokumentiert. In der Öffentlichkeit ist dieser Teil aber viel weniger bekannt.

Die unscheinbare Anlage des astronomischen Instituts der Universität Bern in Zimmerwald.
Weblink:  http://www.aiub.unibe.ch/forschung/observatorium_zimmerwald/index_ger.html

 

Das Herz der Anlage in Zimmerwald: Ein Laser, der zehn sehr intensive und scharfe Pulse pro Sekunde liefert, die dann über ein kleines Teleskop (siehe oberes Bild, Kuppel links) zum Reflektor auf einem Satelliten geschickt werden. Dazu muss die ungefähre Position des Satelliten natürlich schon bekannt sein. Diejenigen Photonen, die innerhalb des richtigen engen Zeitfensters eintreffen und auch noch die richtige Wellenlänge haben, werden als reflektiertes Signal erkannt und dienen zur Bestimmung der Laufzeit mit einer Genauigkeit im Bereich von 0.1 Nanosekunden.

Beide Bilder auf dieser Seite sind handgeknipst vom Autor.